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4.1 Die Sprache
der Prädikatenlogik
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Die Prädikatenlogik ist eine Erweiterung der Aussagenlogik
in dem Sinne, als sie anstelle elementarer Aussagenvariablen
nunmehr strukturierte Ausdrücke betrachtet. Aus der Aussagenlogik
wissen wir bereits, wie ein logisches System einzuführen
ist. Dieses wird in drei Schritten aufgebaut: Die Syntax
legt fest, welches zulässige Ausdrücke der Sprache
sind. Die Semantik bestimmt die Interpretationen der
Ausdrücke, schließlich ist in einem abschließenden
Schritt die Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit
des Systems nachzuweisen.
Wir wollen uns der Prädikatenlogik zunächst informell
nähern. Wir erinnern uns, dass Aristoteles elementare Aussagesätze
als Ausdrücke bezeichnet hat, in denen etwas (mit Hilfe des
Prädikats) von etwas (dem Subjekt) ausgesagt
wird. Da auf der Stufe der Prädikatenlogik deiktische Ausdrücke
(wie etwa Pronomina, Orts- und Zeitadverbien) nicht betrachtet
werden, können wir zunächst (informell) das logische
Prädikat durch denjenigen Teil des Satzes bezeichnet sehen,
den man erhält, falls man den Subjektnamen (und eventuell
auftretende Objektnamen) herausstreicht, als z. B. "Logik
macht Spaß." oder " Trier liegt an der
Mosel." Durch Herausstreichen von Subjekts- und Objektnamen
erhält man Leerstellen im Satz, die als Bestandteile der
Prädikate betrachtet werden. Ein Prädikat mit n
Leerstellen wird als n-stelliges Prädikat bezeichnet.
Eine Art Normalform für Prädikate erreichen wir, falls
der Prädikatsname vorangestellt erscheint. Aus unseren Beispielen
wir also: " macht Spaß (Logik)" sowie
" liegt an (Trier, Mosel)". Natürlich ist
die Reihenfolge der geklammerten Ausdrücke bedeutsam. In
einem letzten Schritt werden die "sprechenden" Namen
unserer prädikatenlogischen Ausdrücke durch Variablen
und / oder spezielle Ausdrücke für Konstanten ersetzt,
als etwa " P ( a ) " oder " G
( b, c ) ". Damit haben wir eine erste,
rudimentäre Formalisierung der Struktur einfacher Aussagesätze
erreicht. Die Leerstelle eines Prädikats, in welche die Konstanten
eingesetzt werden, können durch Ausdrücke für Variablen
markiert werden: Etwa " P ( x ) ".
Für die Variable können dann Konstanten eingesetzt werden,
um den Ausdruck wieder "eindeutig" zu machen. Die Bedeutung
eines Prädikats ist eine Relation über dem betrachteten
Universum, einstellige Prädikate bedeuten Eigenschaften.
Die Erweiterung der Ausdrucksstärke der Prädikatenlogik
gegenüber der Aussagenlogik besteht nun im wesentlichen
in der Einführung prädikatenlogischer Operatoren,
die aus einstelligen Prädikaten (wahrheitsfunktionale)
Sätze erzeugen. Hierzu existieren die Quantoren "
∀ " (Allquantor) und " ∃ " (Existenzquantor).
Sei " (Allquantor) und "
" (Existenzquantor). Sei P ein einstelliges Prädikat,
dann lassen sich die Aussagen "Für alle Entitäten
des betrachteten Universums U gilt P"
und "Es existiert eine Entität im Universum mit der
Eigenschaft P" formalisieren sich zu " ∀
x P ( x ) " bzw.
" x P ( x ) ".
Der Skopus eines Quantors wird durch entsprechende Klammerung
angezeigt. In dem Ausdruck " ∀ (
( F ( x ) G (
x, y )) P (
x ) " bezieht sich der Quantor nicht auf die dritte
Okkurenz von x. Ferner gilt, dass Quantoren stärker
binden als die logischen Funktoren " ,
, etc. Die Ersetzung einer Konstanten durch
eine Variable, die anschließend durch einen Quantor gebunden
wird, nennt man Quantifizierung.
Wir können nun einige natürlichsprachliche Sätze
versuchsweise prädikatenlogisch formalisieren:
1. " Alle F sind G:
" ∀ x ( F
( x ) G ( x
)).
2. " Kein F ist G:
" ∀ x ( F
( x ) ¬ G (
x)).
3. " Einige F sind G:
" ( F ( x )
G ( x )).
4. " Einige F sind nicht G:
" x ( F ( x
) ¬ G ( x )).
Betrachten wir den Satz "Jemand liebt jeden" (prädikatenlogisch
" x
y G ( x, y ) "). Bei
Geltung dieses Satzes können wir folgern, dass jeder von
jemanden geliebt wird; also
x y
G ( x, y )
y x G ( x,
y ).
Die Umkehrung dieses Schlusses gilt sicherlich nicht. Allerdings
gilt jedoch die generelle Vertauschbarkeit von identischen Quantoren,
so z. B.:
x
y G [ ... x, ... y ... ]
∀ y
x G [ ... x, ... y ... ]
Und selbstverständlich gilt, dass wenn nur eine Entität
des Universums die Eigenschaft F besitzt, dann nicht
alle Entitäten die Eigenschaft F nicht besitzen,
also:
x F ( x )
¬ x ¬ F (
x )
M. a. W.: Der Existenzquantor kann mit Hilfe des Allquantors
definiert werden.
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4.2 Die Syntax
der Prädikatenlogik
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Das Alphabet der Prädikatenlogik (PL) ist
die Vereinigung der Mengen PSYMB = { ,
, ¬, , ,
, , (, ) }
GK (eine Menge abzählbar unendlich vieler Gegenstandskonstanten),
GV (eine Menge von Gegenstandsvariablen), FK (eine Menge
von Funktionskonstanten für Funktionen beliebiger
Stelligkeit) sowie PK (eine Menge von Prädikatskonstanten
jeder Stellenzahl n ≤ 1).
Für Konstanten und Variablen werden wir immer metasprachliche
Ausdrücke a, b, c, ...,
P, G, F, ... bzw. x,
y, z, ... verwenden. Unsere Objektsprache
ist die Sprache der Prädikatenlogik, unsere Metasprache
ist das Deutsche. Ein Ausdruck der Art " F
( x ) G ( x,
y )" ist also ein Ausdruck, der neben objektsprachlichen
Symbolen metasprachliche Konstanten- und Variablen-Bezeichner
enthält und als Bezeichnung für den objektsprachlichen
Ausdruck " F ( x
) G ( x,
y )" gewählt wird, falls F,
G, x, y
die objektsprachlichen Korrespondenzen der metasprachlichen
F, G, x, bzw. y sind.
Diese "Verkomplizierung" der Ausdruckstechnik
wird dadurch notwendig, dass, wie wir sehen werden, die
Semantik der Prädikatenlogik von dem Hintergrund
eines Referenzuniversums erklärt wird. Prädikatskonstanten
beziehen sich etwa auf spezifische Relationen über
diesem Referenzuniversum. Letztere Ausdrucksvariante ermöglicht
uns also eine Entkoppelung von der Spezifität des
Referenzuniversums und den zugehörigen objektsprachlichen
Bezeichnungen.
Wir verwenden weiterhin das metasprachliche Symbol "
* ", zu dem es keine objektsprachliche Entsprechung
gibt. Ist " A [ * ] " irgend eine endliche
Folge von Grundzeichen der Sprache PL und "
* ", so ist " A [ B ] derjenige
Ausdruck aus PL, der entsteht, falls alle Vorkommnisse
von " * " in " A [ * ] "
durch B ersetzt werden. Wir definieren nun, was
ein wohlgeformter Ausdruck der Sprache PL ist:
Definition 4.2.1 Die Menge
TERM wird wie folgt definiert:
Definition 4.2.2 Die Menge der atomaren
Formeln ATOM ist definiert durch:
1. t1, t2
TERM ( t1
= t2 ) ATOM,
2. t1, ...,
tn TERM und
P PK (P ist ein n-stelliges
Prädikat aus PK)
P ( t1, ..., tn
) ATOM.
Definition 4.2.3 Die Menge PRAED
der wohlgeformten Formeln der Prädikatenlogik
ist definiert durch:
1. ATOM PRAED,
2. p, q
PRAED ¬ p, ( p
q ), ( p q
) PRAED,
3. Ist A [ a ]
PRAED, a GK, und x
GV eine Variable, die in A [ a ]
nicht vorkommt, so gilt: x
A [ x ], x A
[ x ] PRAED. Der Ausdruck
" A [ x ] wird als Satzform
bezeichnet.
Ferner legen wir fest, dass äußere Klammern
immer weggelassen werden können. Zwischen den Funktoren
besteht folgende Bindungsordnung (bei abnehmender Bindung):
¬, , , ,
. Wir definieren:
Definition 4.2.4 Es gilt:
1. p
q =def ¬ p
q,
2. p q
=def ( p
q ) ( q
p ),
3. x
A [ x ] =def ¬
x ¬ A [ x ].
Definition 4.2.5 Die Menge FV der
freien Variablen einer wohlgeformten Formel p
PRAED ist:
1. p ATOM
FV ( p ) = { x
GV | x kommt in p vor },
2. FV ( ¬ p )
= FV ( p ),
3. FV ( p
q ) = FV ( p
q ) = FV ( p )
FV ( q ),
4. FV (
x p ) = FV ( )
x p ) = FV ( p ) - { x
}.
Beispiel 4.2.1 FV (
x y R (
x, y, z ) = { z }.
Definition 4.2.6 Eine Formel p
PRAED heißt Satz, falls FV
( p ) = . SENT = {
p PRAED | FV ( p
) = } ist die Menge aller Sätze.
Wir wollen an dieser Stelle zunächst die Semantik
und dann erst syntaktische Ableitungen innerhalb der Prädikatenlogik
betrachten. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich, da der
Ableitungsbegriff in der Prädikatenlogik um einiges
komplizierter ist als in der Aussagenlogik. Die Semantik
der Prädikatenlogik bietet aber ein leicht zu vermittelndes
Verständnis der grundlegenden Konstrukte dieser formalen
Sprache.
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4.3 Die Semantik
der Prädikatenlogik
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Die Semantik der PL wird mit Hilfe einer
Interpretationsfunktion || || eingeführt, die eine
Interpretation der prädikatenlogischen Terme, Funktionen
und Relationen über einem Gegenstandsbereich U,
den wir Universum nennen wollen, umfasst. Die Gegenstandskonstanten
bezeichnen Objekte (Entitäten oder auch Einheiten)
aus U, Prädikatskonstanten stehen für
Begriffe, deren Umfänge mengentheoretisch über
Teilmengen von Elementen aus n=0,
...∞ Un eingeführt werden.
Funktionskonstanten stehen für Funktionen.
Der Umfang eines einstelligen Begriffs (i. e. einer Eigenschaft)
umfasst alle Objekte aus U, die diese Eigenschaft
haben. Der Umfang einer n-stelligen Relation ist
gleich der Menge aller n-stelligen Folgen von Objekten,
die in dieser Relation zueinander stehen. Eine Interpretation
der PL über dem Universum U ist dann erklärt
über eine Funktion || ||, die jeder Gegenstandskonstanten
a ein Objekt || a ||
U, jeder Prädikatskonstanten P dessen
Umfang || P || über U zuordnet. Schließlich
wird die Interpretationsfunktion auf Sätze erweitert,
indem diese jedem Satz, der keine ungebundenen Variablen
enthält, einen Wahrheitswert zuordnet.
Beispiel 4.3.1 Sei U =
die Menge aller natürlichen Zahlen beginnend mit 1.
R sei die Relation aller Tupel < x,
y >, x, y
, mit der Eigenschaft,
dass x ≤ y. G ist
die Menge aller geraden Zahlen. Die Menge der Gegenstandskonstanten
ist GK = { a, a', a'', ... },
die Menge der Prädikatskonstanten sei PK = { ..., G,
R, ... }. || || sei folgendermaßen definiert:
|| a || = 1, || a' || = 2, || a''
|| = 3, etc.; || R || = R und
|| G || = G. Ein Satz G
( a ) ist dann wahr, falls die durch a
bezeichnete Gegenstandskonstante die durch G bezeichnete
Eigenschaft aufweist, das heißt: || G (
a ) || = 1 iff || a ||
|| G ||. Im vorliegenden
Falle ist || G ( a ) || = 0, da || a
|| = 1 || G ||. Es ist
nun || F ( a, a'' ) || = 1 iff
das Zahlenpaar < || a ||, || a'' ||
> R iff 1 ≤ 3,
was offensichtlich der Fall ist.
Anmerkung 4.3.1 Wie kann nun ein quantifizierter
Satz der Art " ∀
x G ( x ) " interpretiert werden?
Dieser Satz ist wahr, falls die durch G bezeichnete Eigenschaft
auf alle Objekte des Universums zutrifft, das heißt
falls G = U. Diese Deutung des
Allquantors ist nicht dadurch zu formalisieren, dass man
fordert: || ∀ x G
( x ) || = 1 iff für alle Gegenstandskonstanten
a GK gilt: || G
( a ) || = 1. Da es nicht zu jedem Objekt aus
U eine Bezeichnung aus GK geben muss, ist das Bild von
|| || u. U. nur eine Teilmenge von U. Ist z. B.
|| || derart definiert, dass || a || =
2, || a' || = 4, || a''
|| = 6, ... und || G || = G,
dann gilt für jede Gegenstandskonstante a
GK: || a || || G
||, dennoch ist aber nicht jede natürliche Zahl
gerade. M. a. W.: x G (
x ) ist nur dann wahr, falls G ( a
) wahr ist, unabhängig davon, welches Objekt aus
U a bezeichnet. Insbesondere ist dann also eine Erklärung
der Semantik des Allquantors über die Bestimmung
falsch.
Eine Möglichkeit, diese Schwierigkeit zu lösen,
besteht darin, dass wir zu einer gegebenen Interpretation
|| || eine Reihe anderer Interpretationen || ||', || ||'',
|| || ''', ... ableiten, die mit || || übereinstimmen
bis auf höchstens die Werte für eine Gegenstandskonstante
a. Diese Konstante kann durch die Folge der Interpretationen
|| ||', || ||'', || || ''', ... der Reihe nach auf alle Elemente
des Universums U abgebildet werden. Unter dieser
Voraussetzung kann die Semantik des Allquantors wie folgt
formalisiert werden: || ∀ x
P ( x ) || = 1 iff wenn für alle Interpretationen
|| ||' || ||
gilt: || P ( a ) ||' = 1. Der Ausdruck "
|| ||' || ||"
besagt dabei, dass die Interpretationen || ||' und || || nur
im Falle der Interpretation der Gegenstandskonstanten a
voneinander abweichen können, sonst aber identisch
sind. Das heißt für alle t
TERM, mit t ≠ a, gilt: || t
||' = || t ||.
Anmerkung 4.3.2 Diese Formalisierung
ist adäquat:
1. Haben alle Objekte aus U die mit
P bezeichnete Eigenschaft — || ||' und
|| || unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Interpretation
von p —, dann gilt sicherlich || P
( a ) || = 1, unabhängig davon, welches
Objekt a bezeichnet. Dann gilt aber für alle Interpretationen,
mit || ||'
|| ||: || P ( a ) ||' = 1.
2. Gibt es umgekehrt ein Objekt c
U, das die mit P bezeichnete Eigenschaft
nicht besitzt, dann existiert eine Interpretation ||
||', so dass || a ||' = c und also
|| P ( a ) ||' = 0. Dann gilt aber
für nicht für alle Interpretationen || ||'
mit || ||' = || ||: || P ( a
) ||' = 1, so dass auch gilt: ||
x P ( x ) || = 0 (Tertium non datur).
Wir wollen nun definieren, was unter der Semantik der Prädikatenlogik
zu verstehen ist. Die Semantik der Prädikatenlogik wird
relativ zu einer Struktur
M = < U, R1,
..., Rn, f1,
..., fm, c1,
..., ck >
erklärt, wobei wir wieder die Interpretationsfunktion
|| ||M zur Bestimmung der Bedeutung eines
prädikatenlogischen Satzes einführen werden. Die
Interpretationsfunktion weist nun den Index M auf,
um die Abhängigkeit der Interpretation von der Wahl der
Strukur M anzuzeigen. Zunächst müssen wir
angeben, wie Termausdrücke zu interpretieren sind:
Definition 4.3.1 Die Interpretationsfunktion
|| ||M ist für Terme wie
folgt definiert:
1. t GK
{ c1, ..., ck
} || t ||M
U,
2. sei f
FK und t = f ( t1,
..., th ), dann ist ||
t || M = || f ||M
( t1 ||M, ..., |
| th ||M )
U,
3. für alle R
PK ist || R ||M
Pot ( Un ), falls R ein
n-stelliges Prädikat ist.
Wir erweitern nun || ||M auf Elemente der
Menge PRAED:
Definition 4.3.2 Eine Interpretation
von PRAED über dem nicht-leeren Universum U
ist gegeben durch || ||M, wobei gilt:
1. || ( ti = tj
||M = 1 iff || ti
||M = || tj ||M,
2. || R ( ti,
..., tn ) ||M = 1
iff < || t1 ||M,
..., || tn ||M >
|| R ||M,
3. Die Semantik der Funktoren
, ,
¬ und wird genauso
wie in der Aussagenlogik definiert.
4. || x A
[ x ] ||M = 1 iff für alle
Interpretationen || ||M', mit
|| ||M'
|| ||M, gilt: || A [ a
] ||M'
= 1, wobei a GK eine Gegenstandskonstante
ist, die in A [ x ] nicht vorkommt.
Anmerkung 4.3.3 Die Bedingung (4) aus
Definition 4.3.2 ist wesentlich. Sie besagt, dass der Satz
" x A [ x
] ", A [ x ] ist ein Satzschema,
wahr ist, falls die mit " A [ x
] " bezeichnete Relation auf jedes Individuum des
betrachteten Universums U zutrifft. Die Bedingung, dass die
Gegenstandskonstante a dabei nicht in " A [
x ] " vorkommen darf ist aber unabdingbar.
Der Satz " x F (
x, a ) " ist wahr, wenn der Satz
" F ( a', a ) "
wahr ist, unabhängig davon, für welches Individuum
aus U a ' steht. Dies gilt aber nicht für den
Satz F ( a, a ), unabhängig
davon, welches Individuum a bezeichnet. Falls "
F " z. B. die Relation " x
wählt y " bezeichnet, dann kann "
x F ( x, a
) " gelesen werden als " Es gibt ein
Individuum namens a, das alle wählen. "
Würde nun die Existenzbedingung für || ||'
derart, dass || ||M'
|| ||M, wobei a nicht in dem zu interpretierenden
Ausdruck vorkommen darf, aufgegeben, so müsste auch die
Interpretation || F ( a, a
) ||M', mit || a ||M
≠ || a ||M, wahr sein. Es kann
aber nicht angenommen werden, dass jeder sich selbst wählt.
Anmerkung 4.3.4 Die Einschränkung
der Interpretationsfunktion || ||M auf
Elemente p, q SENT gemäß
Definition 4.3.2 ist eine Funktion, mit || ||M
: SENT .
Die Begriffe der Tautologie, Erfüllbarkeit, Kontradiktion
und Äquivalenz von Sätzen aus PRAED werden analog
zu den korrespondierenden Begriffen der Aussagenlogik eingeführt.
Insbesondere gilt also:
Definition 4.3.3 Der semantische Ableitungsoperator
" ":
Für alle p, q PRAED gilt:
p q iff ( || p || = 1 ) ( || q ||
= 1 )
Anmerkung 4.3.5 Jeder aussagenlogisch
wahre Satz ist gleichermaßen prädikatenlogisch
wahr, da die Definition der prädikatenlogischen Interpretationsfunktion
die Bestimmungen für aussagenlogische Bewertungen umfasst.
Das Umgekehrte muss natürlich nicht gelten. Die selbe
Überlegung gilt für aussagenlogisch gültige
Schlüsse. Die Prädikatenlogik "enthält"
also die Aussagenlogik.
Definition 4.3.4 Sei M = < U,
R1, ..., Rn,
f1, ..., fm,
c1, ..., ck >
eine Struktur und seien p SENT,
P SENT. Sei ferner || ||M
eine Interpretation von PRAED über dem Universum
U. Dann gilt:
1. M
p iff || p ||M = 1.
2. M
P iff für alle p P gilt:
M p.
3. p M
q iff M p
M q.
4. p iff jedes
zu p passende Modell p wahr macht. Ein Modell M heißt
passend zu p
PRAED iff || ||M für
alle in p vorkommenden Prädikats-, Funktions- und Gegenstandskonstanten
ebenso definiert ist wie für alle freien Variablen
von p.
Falls M p, dann heißt
M Modell von p.
Beispiel 4.3.2 Sei 0
die Menge der natürlichen Zahlen beginnend mit 0. Dann
gilt:
< 0,
+, 0 > ∀
x
y ( f ( x, y ) = f
( y, x )),
falls || f || = +. Denn für alle || a
||, || b || N0
gilt: || f ( a, b ) = f
( b, a ), || = 1 iff || a || +
|| b || = || b || + || a ||.
Satz 4.3.1 Koinzidenztheorien: Sei
|| ||' || ||,
ferner komme die Gegenstandskonstante a nicht in A vor, dann
gilt: || A ||' = || A ||.
Beweis: Wir beweisen das Koinzidenztheorem
induktiv über den Aufbau von A. Hierzu sei festgelegt,
dass der Grad einer Formel A gleich der Anzahl von
Symbolen aus { , , ¬,
, } in A
sei.
1. Induktionsanfang: Sei A vom Grade 0,
sei also A ATOM, dann hängt die
Interpretation von A aber nur von den in diesem Satz vorkommenden
Gegenstands-, Funktions- und Prädikatskonstanten ab,
für die aber annahmegemäß || ||' und ||
|| die gleiche Interpretation liefern.
2. Induktionsschritt: Seien nun Formeln
vom Grade n > 0 betrachtet, dann gilt das Theorem
auch für Formeln vom Grade n. Denn es gilt:
Hat A die Gestalt ¬
p, p q oder
p q, dann gilt nach
Voraussetzung || p ||' = || p || bzw.
|| q ||' = || q ||, da diese Formeln von
Grade n - 1 sind. Dann gilt aber auch || ¬
p ||' = || ¬ p ||, || p
q ||' = || p q
|| bzw. || p q ||'
= || p q ||, denn ||
||' und || || erfüllen annahmegemäß die
selben Interpretationsbedingungen für die Negation,
Konjunktion und Disjunktion.
Hat nun A
die Gestalt ∀ x B
[ x ] und ist || ∀
x B [ ] || = 0, dann existiert
eine Interpretation || ||i
|| || mit || B [ b ] ||i
= 0, wobei b ≠ a und weder b
noch a kommen in B [ x ] vor. M. a. W.: || ||i
und || || stimmen bezogen auf die Interpretation von a
überein.
Wenn wir nun aber eine Interpretation || || i'
|| ||' konstruieren,
so dass || b ||i' = || b ||i,
dann gilt erstens, dass || ||i' und || ||'
bezogen auf die Interpretation von a übereinstimmen,
und damit zweitens: || ||i'
|| ||i. Die Bedingung des Induktionsschrittes
kann also auf letztere beiden Interpretationsfunktionen
angewandt werden.
Insbesondere gilt dann aber: || B [ b
] ||i' = || B [ b ] ||i
= 0, denn beide Ausdrücke sind vom Grade n -
1 und es gilt ja bereits || B [ b ]i
= 0. Hieraus folgt aber, dass es eine Interpretation ||
||i'
|| ||' gibt, so dass || B [ b ] || i'
= 0 und somit || ∀ x
B [ x ] || = 0.
Ganz analog verfährt man für den Fall, dass ||
∀ x B [ x
] = 0. Da aber ein beliebiger prädikatenlogischer Satz
für eine gegebene Interpretation entweder wahr oder falsch
ist (Tertium non datur), ist es also nicht mehr nötig,
die Fälle || ∀ x B
[ x ] ||' = 1 bzw. || x
B [ x ] || = 1 zu betrachten.
Das Koinzidenztheorem besagt intuitiv gesprochen, dass die
Verschiedenheit der Interpretationen eines Satzes (d. h. etwa
von || || und || ||') wesentlich von den Interpretationen
der Konstanten des Satzes abhängt.
Ein zweites Theorem, das wir hier nicht beweisen wollen,
lautet:
Satz 4.3.2 Überführungstheorem:
Gilt || ||'
|| || und ferner || a' || = || b
|| (annahmegemäß gilt || b' ||
= || b ||, das heißt || ||' ordnet
a und b denselben Wert zu wie || || der Konstanten
b), dann gilt für alle Sätze
x A [ x ], in denen die Gegenstandskonstante
a nicht vorkommt, || A [ a ] ||' =
|| A [ b ] || ( = || A
[ b ] ||').
Mit anderen Worten: || ||' verhält sich wie || ||, nur
im Falle von a existiert u. U. eine Abweichung beider
Interpretationen, wobei hier || a ||' = || b
|| gilt. Mit diesen beiden Theoremen können wir nun folgende
zwei Sätze beweisen:
Satz 4.3.3 Alle Sätze der Gestalt
∀ x a [ x ]
A [ a ] sind prädikatenlogisch
wahr, wobei a eine beliebige Gegenstandskonstante ist.
Beweis: Wenn wir zeigen, dass aus der Falschheit
von ∀ A [ a
] die Falschheit von x A [ x ] folgt, dann
kann letzterer Satz niemals wahr sein und der Satz A [
a ] zugleich falsch sein, womit der Satz bewiesen
wäre.
Ist also || || eine beliebige Interpretation mit A
[a ] = 0, so gilt, falls b eine beliebige
Gegenstandskonstante ist, die in ∀
x A [ x ] nicht vorkommt, und || || eine Interpretation
ist mit || ||'
|| || sowie || b ||' = || a || nach dem
Überführungstheorem: || A [ b
] ||' = || A [ a ] = 0. Dann gibt es aber
eine Interpretation || ||'
|| || mit || A [ b ] ||' = 0, so dass ||
∀ x A [ x
] = 0.
Wir benötigen in letzterem Beweis das Überführungstheorem,
da für || || nicht direkt die Richtigkeit eines quantifizierten
Ausdrucks gezeigt werden kann, sondern nur über eine
unendliche Menge von Interpretationen mit genannter Eigenschaft,
also insbesondere auch über || ||'. || ||' ist aber so
konstruiert, dass diese Interpretation in den Vordersatz ∀
x A [ x ] gerade
das einsetzt, was die Konklusion A [ a ]
falsch macht.
Satz 4.3.4 Ist A
B [ a ] ein prädikatenlogisch wahrer
Satz, das heißt eine Tautologie, so auch A
x B [ x ], sofern
die Gegenstandskonstante a in letzterem Satz nicht vorkommt.
Wir bemerken zunächst; A
B [ a ] ist eine Tautologie, falls jede
Interpretation diesen Satz erfüllt. Die ist genau dann
der Fall, wenn jede Interpretation, die A erfüllt,
auch B [ a ] erfüllt. Mit diesen Überlegungen
haben wir das nötige Rüstzeug für den Beweis
dieses Satzes.
Beweis: Falls der Satz A
x B [ x ] prädikatenlogisch
nicht wahr ist, so gibt es eine Interpretation || ||, die
A erfüllt, aber nicht ∀ x
B [ x ]. Es gibt dann aber eine Interpretation
|| ||' = || || (a kommt annahmegemäß nicht in A
x B [ x ] vor),
für die gilt || B [ a ] || = 0. Nach dem Koinzidenztheorem
gilt aber || A' || = || A || = 1, da
a annahmegemäß nicht in A vorkommt.
Dann ist aber || ||' eine Interpretation, die A nicht
erfüllt, im Gegensatz zur Annahme, dieser Satz sei eine
Tautologie.
Letzterer Satz besagt also, dass A
B [ a ] im Prinzip genau dasselbe ausdrückt,
wie A
x B [ x ], falls A
B [ a ] eine Tautologie ist. Die Forderung,
dass A B [ x
] eine Tautologie ist, ist aber unabdingbar, genauso wie die
Forderung
p q, falls man q
in einem Schritt aus p mit Hilfe des MP ableiten
will. Natürlich gilt aber nicht für jeden beliebigen
Satz p q zugleich
p q.
Wir benötigen letztere beiden Sätze, um im folgenden
die Prädikatenlogik kalkülisieren zu können.
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4.4
Syntaktische Ableitungen
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In der Aussagenlogik haben wir mit der Methode der Wahrheitstabellen
ein Entscheidungsverfahren für die Frage der Gültigkeit
aussagenlogischer Formeln kennen gelernt. Für die PL
existiert ein derart einfaches Verfahren nicht. Wir sind also
ganz auf die Kalkülisierung der PL angewiesen. Den im
folgenden vorzustellenden Kalkül nennen wir L.
Er umfasst folgende Axiome und Ableitungsregeln:
Definition 4.4.1 Die Menge AXIOM
der Axiome der Prädikatenlogik enthält die folgenden
Formeln aus SENT:
Anmerkung 4.4.1 Die ersten drei Axiome
wiederholen exakt die Axiome aus Anmerkung 3.2.3. M. a. W.:
Sämtliche in Definition 3.2.1 aufgeführten Axiome
der Aussagenlogik gelten in gleicher Weise für die Prädikatenlogik.
Definition 4.4.2 Im Kalkül L können
zwei Deduktionsregeln verwendet werden:
1. MP ( siehe Definition 3.2.2 ),
2. R2: Seien A
B [ a ], A
∀ x B [ x ]
SENT, dann gilt —
falls a GK eine Gegenstandskonstante
ist, die in dem Satz A
x B [ x ] nicht vorkommt —:
Anmerkung 4.4.2 Die in der PL zum MP hinzutretende
Deduktionsregel ist selbstverständlich so zu lesen, dass
nur bei Geltung des Satzes A B
[ a ] in der genannten Weise geschlossen werden
darf, falls also A B [
a ] selbst ein Axiom ist oder aber aus der Anwendung
einer Schlussregel auf eine Folge von Sätzen resultiert,
für die genau die selbe Existenzbedingung gilt. Man nennt
diese Deduktionsregel auch die Regel der "hinteren Generalisierung":
Sie erlaubt unter den genannten Bedingungen die Einführung
des Allquantors im Hintersatz einer Implikation. Wir werden
im folgenden diese Regel mit R2 bezeichnen.
Wir beachten weiter, dass der Satz A
x B [ x ] aus dem
Satz A B [ a ] hervorgeht,
indem zunächst die Konstante a durch die Variable x ersetzt
wird. Hierauf folgend wird die Variable x durch den Allquantor
quantifiziert. Dieser Ersetzungsprozess ist aber nur dann zulässig,
falls die Bedingung 3 aus Definition 4.2.3 erfüllt ist,
falls also x eine Gegenstandsvariable ist, die in dem Satz A
B [ a ] nicht
vorkommt. Andernfalls würde der Ausdruck A
x B [ x ] keine
wohlgeformte prädikatenlogische Formel darstellen. Der
gesamte Ausdruck A B [ a
] entspricht dem Satzschema A [a ], so
wie es in der genannten Bedingung aufgeführt wird. Da es
unendlich viele Gegenstandvariablen geben soll, kann diese Bedingung
immer erfüllt werden.
Wir benutzen wieder den Ableitungsoperator ,
um zu signalisieren, dass eine gegebene Formel prädikatenlogisch
ableitbar ist.
Beispiel 4.4.1 Es gilt:
x A [ x ]
y A [ y ]
Denn:
1. Axiom (4): ∀
x A [ x ] A [
a ],
2. R2 aus 1: ∀
x A [ x ]
y A [ y ].
Beispiel 4.4.2 Es gilt:
A [ a ]
x A [ x ],
wobei a in x A [ x
] nicht vorkommt. Denn:
1. Annahmeformel: A [ a
];
2. Axiom (1): A [ a ]
(( p p
) A [ a ] ) (a
soll in p nicht vorkommen),
3. MP aus 1 und 2: ( p
p ) A [ a
],
4. R2 aus 3: ( p
p ) x
A [ x ],
5. aussagenlogisches Axiom: p
p,
6. MP aus 4 und 5:
x A [ x ].
In der PL gilt das Deduktionstheorem nicht mit der Allgemeinheit
wie in der Aussagenlogik. Betrachten wir eine Interpretation
über der Menge { 0, 1 }. Sei || || eine Interpretation
mit | < a || = 0, || a' || = 1 sowie ||
F || = {< 0 >}. Es gilt dann || F ( a
) || = 1, hingegen gilt: || ∀
x F ( x ) || = 0, denn es existiert eine Interpretation
|| ||' || || mit
|| b ||' = 1 und somit || F ( b ) ||' = 0. Dann ist
aber auch || F ( a )
x F ( x ) || = 0, während
F ( a ) x F
( x ) sehr wohl, wie gesehen, ableitbar ist. Wir haben
also folgendes, eingeschränktes Deduktionstheorem:
Satz 4.4.1 Falls P
{ p } q im Kalkül L
beweisbar ist, dann auch P p
q, sofern innerhalb der Annahmeformel
p keine Gegenstandskonstante eliminiert wird. M. a. W. gilt
unter der genannten Bedingung:
P { p }
q iff P p
q
Satz 4.4.2 Der Kalkül L der Prädikatenlogik
ist widerspruchsfrei und vollständig.
Beweis: Zur Widerspruchsfreiheit: Die Widerspruchsfreiheit
der Axiome (1) bis (3) wurde bereits gezeigt. Axiom (a) ist
mit Theorem 4.3.3 identisch, welches wir bereits bewiesen haben.
Die Widerspruchsfreiheit des MP wurde ebenfalls schon für
die Aussagenlogik gezeigt. Die Regel R2 entspricht wiederum
Theorem 4.3.4, welches wir gleichermaßen bereits nachgewiesen
haben.
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4.5 Normalformen
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Genauso wie in der Aussagenlogik lassen sich auch in der
PL Normalformen von Sätzen dieser Sprache bilden. Die
Bildung einer Normalform bedarf der Anwendung einer Reihe
von Äquivalenzen. Für die hier besprochenen Normalformen
werden dies vor allem die folgenden Äquivalenzen sein:
Satz 4.5.1 Seien p, q
PRAED beliebige Formeln. Dann gilt:
Es gilt aber:
( x A [ x ]
x B [ x ] )
x ( A [ x ]
B [ x ] ),
( x A [ x ]
x B [ x ] )
x ( A [ x
] B [ x ] ),
Denn falls A das Prädikat "männlich" und B
das Prädikat "weiblich" symbolisiert, und falls ferner als Referenzuniversum
alle derzeit lebenden Menschen gewählt werden, dann lassen
sich leicht Beispiele für das Behauptete konstruieren.
Die Äquivalenzen aus Satz 4.5.1 "treiben" gewissermaßen,
von links nach rechts angewandt, die Quantoren einer Formel
nach "außen". Die Quantorenreihenfolge der Zielformel
hängt dabei entscheidend von der Reihenfolge der Anwendung
der Regeln ab. Sie ist also nicht eindeutig. Gleichartige Quantoren
können aber immer vertauscht werden. Um die unter Punkt
2 der Satzes 4.5.1 genannten Äquivalenzen anwenden zu können,
bedürfen wir unter Umständen der Möglichkeit
einer Umbenennung von Variablen:
Definition 4.5.1 Sei eine Formel p
PRAED gegeben, ferner sei x eine Variable
und t ein Term. p [ x / t ] bezeichnet
dann diejenige Formel, die man aus p erhält, indem jedes
freie Vorkommen der Variablen x in p durch t ersetzt wird.
[ x / t ] ist dann eine Substitution.
Substitutionen können konkateniert werden. Die Folge
[ x / t1 ] [ y / t
2 ] symbolisiert diejenige Substitution,
die in einer Formel jedes freie Vorkommen von x durch t1
und dann jedes freie Vorkommen von y durch t2
ersetzt, wobei t1 auch y enthalten
darf.
Über die Ersetzung freier Variablen hinaus ist auch eine
"gebundene Umbenennung" möglich. Falls nämlich
F = Q x G eine Formel ist, wobei Q
{ , }, und y
eine Variable ist, die in G nicht vorkommt, dann ist
F ≡ Q y G [ x / y ].
Satz 4.5.2 Eine Formel ist in Pränex-Normalform,
falls sie von der Gestalt
Q1 x1 Q2
x2 ... Qn
xn A
ist, wobei Q { ,
}, n ≥ 0, und xi
GV für alle i
{ 0, ..., n }. Ferner kommt kein Quantor in A vor.
Anmerkung 4.5.1 Die Pränex-Normalform
läßt sich wieder algorithmisch herleiten. Hier die
einzelnen Schritte:
1. Eliminierung von
und .
2. Anwendung von ¬ ¬ p
≡ p sowie der de Morganschen Gesetze, falls nötig
(falls also ein Negator in das Innere einer Formel zu bringen
ist).
3. Substitution / Umbenennung von Variablen,
falls nötig.
4. Verwendung der Äquivalenzen
aus Satz 4.5.1.
Beispiel 4.5.1
x y
( z ( P ( x,
z ) P ( y, z
)) q Q (
x, y, u )) ≡
x y ( ¬
z ( P ( x, z )
P ( y, z ))
u Q ( x, y, u ))
≡
∀ x
y ( z ( ¬ P
( x, z ) ¬ P
( y, z ))
u Q ( x, y, u ))
≡ ∀
x y
z u ( ¬ P (
x, z ) ¬ P
( y, z ) Q ( x,
y, u ))
Für die Einführung der Skolem-Normalform benötigen
wir noch folgende Definition:
Definition 4.5.2 Eine Formel heißt
bereinigt, falls keine Variable in dieser Formel gebunden als
auch ungebunden vorkommt und weiterhin keine zwei Quantoren
innerhalb der Formel dieselbe Variable quantifizieren.
Es läßt sich zeigen, dass es zu jeder Formel eine
äquivalente Formel in bereinigter Form gibt. Man hat nun
die Definition
Definition 4.5.3 Zu jeder prädikatenlogischen
Formel p in Pränex-Normalform erhält man eine ihr
zugehörige Formel in Skolem-Normalform (SNF) als das des
folgenden Algorithmus:
while p enthält eine Existenzquantor
do
begin
p habe die Form p = ∀
y1, y2
... yn
x q für eine Formel in bereinigter Pränex-Normalform.
Sei ferner n ≥ 0, das heißt der Allquantorenblock
kann auch leer sein. Sei f ein in p nicht
vorkommendes n-stelliges Funktionssymbol. Man substituiert
dann:
p =def
y1 y2
... y n
q [ x / f ( y1,
..., yn)].
M. a. W.: Der Existenzquantor wird aus p herausgestrichen
und jedes Vorkommen von x in p wird durch
den Ausdruck f ( y1, ...,
yn ) ersetzt, dessen Variablen allesamt
durch Allquantoren gebunden sind.
end
Satz 4.5.3 Für jede prädikatenlogische
Formel p gilt: p ist erfüllbar iff die p entsprechende
Skolem-Formel erfüllbar ist.
Beweisidee: Der Algorithmus letzterer Definition ersetzt
systematisch jedes Vorkommen eines Existenzquantors in p.
Hierbei erhält man durch jeden dieser Schritte eine Formel,
die wir p' nennen wollen. Für jede solche Formel
p' zeigt man allgemein, dass gilt: p ist erfüllbar
iff p' erfüllbar ist. Dies erreicht man im wesentlichen
dadurch, dass man für die Funktion || f || über
dem Referenzuniversum festlegt, dass || f || ( u1,
..., un = v, mit || yj
|| = uj für j
{ 1, ..., n }. v ist gerade dasjenige Element
des Referenzuniversums, das annahmegemäß die Existenzquantorfizierung
erfüllt.
Letzterer Satz besagt also, dass die Erfüllbarkeitseigenschaft
einer Formel gleichermaßen an der ihr entsprechenden Formel
in SNF beobachtet werden kann.
Wir wollen nun von einer beliebigen prädikatenlogischen
Formel p ausgehen (eventuell auch mit Vorkommen freier Variablen)
und die Schritte betrachten, die diese durchlaufen muss, um
zu ihrer SNF zu gelangen:
1. Bereinige p durch systematisches
Umbenennen gebundener Variablen (Voraussetzung für die
spätere Voranstellung von Quantoren). Es entsteht die
Formel p1.
2. Seien y1 ...
yn die in p vorkommenden
freien Variablen. Ersetze p1 durch
p2 = y1
... y n p1.
p2 ist dann erfüllbarkeitsäquivalent
zu p1 und enthält keine freien
Variablen mehr.
3. Bestimme zu p2
eine äquivalente (und damit auch erfüllbarkeitsäquivalente)
Formel p3 in Pränex-Normalform.
4. Eliminiere alle Existenzquantoren in
p3: Bestimmung der zugehörigen
Formel p4 in SNF, die erfüllbarkeitsäquivalent
zu p3 und damit auch zu p
ist.
5. Überführe die Matrix von p4
(d. h. den hinteren Teil von p4 ohne
Quantoren-Vordersatz) in KNF.
Beispiel 4.5.2 Sei
p = [ ¬ x ( p
( x, z )
y Q ( x, f ( y )))
y P ( g ( z,
y ), z ) ]
p ist nicht bereinigt: y wird an zwei verschiedenen
Stellen gebunden. Also: Substitution von y durch w
im zweiten Disjunktionsglied:
p1 = [ ¬
x ( P ( x, z )
y Q
( x, f ( y )))
w P ( g ( z,
w ), z ) ]
Die Variable z kommt in p1
frei vor. Also bildet man:
p2 = z
[ ¬ x ( P ( x,
z )
y Q ( x, f ( y )))
w P ( g ( z,
w ), z ) ]
Umformen in Pränex-NF liefert:
p3 = z
x y
w [ ( ¬ P ( x,
z ) ¬ Q ( x,
f ( y ))) P
( g ( z, w ), z ) ]
Wir erhalten nun eine zu p3 korrespondierende
Formel in SNF, indem wir eine nullstellige Funktion a (das
heißt eine Gegenstandskonstante) für z sowie
h ( x ) für y substituieren:
p4 x
w [ ( ¬ P ( x, a )
¬ Q ( x, f
( h ( x )))) P
( g ( a, w ) , a )) ]
p5 = x
w [ ( ¬ P ( x, a )
P ( g ( a, w
), a )) ( ¬ Q (
x, f ( h ( x )))
P ( g ( a, w ), a
)) ]
Die Formel p5 läßt sich,
wie wir sehen werden, unmittelbar in die sog. Klauselform übertragen,
die für die Resolution unabdingbar ist.
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